Die liebe Karina Schuh hat mich mit ihrer Blogparade zu einem Beitrag inspiriert.
„Zeig uns dein Lieblingsfoto von dir selbst und erzähle die Geschichte dahinter“
Ok, zugegebenermassen gibt es mehrere Lieblingsfotos, zu denen ich etwas erzählen könnte. Aber dieses hier hat es mir ganz besonders angetan.
Warum das so ist, werde ich dir in diesem kurzen Blogartikel erzählen. Entstanden ist das Bild auf meinem allerersten Yoga-Retreat in Andalusien 2016.
In den Jahren zuvor hatte ich mich bereits sehr intensiv mit Yoga beschäftigt und im April 2016 dann auch ein Yoga Teacher Training begonnen. Die Details zu meiner Yoga-Geschichte kannst du hier nachlesen.
An dieser Stelle soll es aber nun um das besagte Bild gehen.
Es zeigt mich – wie unschwer zu erkennen – in einer der vielen Umkehrhaltungen im Yoga, dem Kopfstand – Shirshasana.
Zu dem Zeitpunkt als das Retreat stattfand, hatte ich bereits seit Jahren eine regelmässige Yoga-Praxis.
Es machte mir sehr viel Spass, meinen Körper mit den verschiedenen Übungen immer wieder herauszufordern und dabei stärker und flexibler zu werden.
Ursprünglich angetreten, um endlich nachhaltig meine Rückenschmerzen in den Griff zu bekommen, traf ich im Yoga auf eine völlig neue Welt und die damit verbundenen Möglichkeiten, Körper, Geist und Atmung in Einklang zu bringen.
Über viele Jahre hinweg machte ich fast ausschliesslich online Yoga. Ich lernte viel von Lesley Fightmaster, deren kostenlose Videos ich auf YouTube quasi verschlang. Auf Empfehlung eines Bekannten hin übte ich dann mit einer CD-Reihe „The Ultimate Yogi“ von Travis Eliot und seiner Frau Lauren Eckstrom weiter.
Trotz regelmässiger Praxis wollte mir der Kopfstand nicht gelingen
Immer mehr Asanas hielten Einzug in meine regelmässige Praxis. Aber eine Übung machte mir lange Zeit einfach Angst. Genau, der Kopfstand. Obwohl ich grundsätzlich gute körperliche Voraussetzungen für den unterstützten Kopfstand hatte, wollte er mir einfach nicht gelingen.
Und es wurde immer klarer: Das Problem war kein körperliches. Sondern ein mentales. Ich hatte einfach Angst. Angst, mich zu verletzen. Ich hatte gemerkt, wie unangenehm es für meinen Nacken werden konnte, wenn ich die Übung nicht wirklich korrekt ausführte. Und ich hatte Angst davor, umzufallen, wenn meine Beine oben waren, und mir dann erst recht den Nacken zu verletzen.
Schon damals habe ich gemerkt, wie viel Macht die Psyche haben kann. Ich habe dann versucht, noch mehr an Kraft und Technik zu feilen. Über viele Monate hinweg. Ich dachte: Wenn mein Körper perfekt auf die Asana vorbereitet wird, dann merkt mein Geist dass dann schon und es klappt.
Ähm… nein… denn der Geist herrscht über den Körper und nicht umgekehrt. Somit konnte ich mich auf der körperlichen Ebene zwar immer weiter verbessern, aber sobald meine Beine in die Höhe gingen, schaltete sich meine innere Stimme ein und flüsterte mir ins Ohr „Pass bloss auf. Mach ganz vorsichtig, nicht dass du fällst! Nicht, dass du dich verletzt!“
Irgendwann war ich dann maximal frustriert und haderte mit mir.
Wäre der Kopfstand das erste und einzige Ziel in meinem bisherigen Leben, was ich tatsächlich nicht erreichen sollte?
Es folgte ein ernsthafter innerer Dialog. Ich begann zu hinterfragen, warum mir der Kopfstand eigentlich so wichtig war.
Worum genau ging es mir eigentlich wirklich?
Darum, mein Ego zu füttern?
Darum, eine „gute“ Yoga-Schülerin zu sein?
Darum, anderen Yoga-Praktizierenden etwas zu beweisen?
Viele Meditationssitzungen lang verharrte ich mir dieser Frage in Stille und wartete, ob und was sich zeigen wollte. Ich merkte, wie der Druck, diese Pose zu „meistern“ immer mehr von mir abfiel. Wie der Kopfstand eine ganze Zeitlang in den Hintergrund trat, und ich mich so wieder viel besser auf meine tägliche Yoga-Praxis fokussieren und auch darauf freuen konnte.
Irgendwann machte ich dann wieder einmal ein Yoga-Video mit Lesley Fightmaster und sie zeigte verschiedene Kopfstand-Varianten an der Wand. Und dann ging plötzlich ein Knopf bei mir auf: Warum eigentlich war ich der Meinung gewesen, den Kopfstand direkt frei im Raum praktizieren zu müssen?
Ich begann an der Wand zu üben und siehe da: Mein Geist war zufrieden. Die Sicherheit, dass ich nicht fallen konnte gab den Ausschlag dafür, dass die Wand am Ende gar nicht mehr brauchte. Aber sie war da. Als mein „Sicherheitsnetz“. Genau das Mittel, was mein Geist gebraucht hatte, um den Widerstand aufzugeben.
Was für andere ein einfacher Kopfstand sein mag, war für mich eine wertvolle Reise der Erkenntnis.
Auf diese Art und Weise konnte ich so viel mehr lernen und für meine weitere Entwicklung auf und ausserhalb der Matte mitnehmen, als wenn mir die Asana von Anfang an mühelos gelungen wäre.
Ich erinnere mich sehr gerne in dem Zusammenhang an einen der wichtigsten Aussprüche von Travis: „Let the pose come to you“. Exakt das habe ich in dem Fall getan, nur kannte ich den Spruch zum besagten Zeitpunkt noch gar nicht. Aber der Kopfstand hat mich am Ende tatsächlich gefunden. Nämlich als ich bereit dafür war. Und zwar innerlich bereit, ihn so anzunehmen, wie er eben zu mir kommen wollte. Ohne etwas zu erzwingen.
Beenden möchte ich diesen kurzen Beitrag mit einem weiteren Foto von besagtem Retreat, welches mich zusammen mit Travis und Lauren zeigt. Ich war damals den Tränen nah, weil mich die gemeinsame Woche auf so vielen Ebenen ganz tief berührt und noch einmal auf meinem Yoga-Weg bestätigt hatte.
Wenn du auch ein Foto hast, über dessen Geschichte du gerne erzählen möchtest, mach doch ebenfalls mit bei Karina Blogparade.
Und natürlich freue ich mich wie immer, wenn du mit mir ins Gespräch kommst. Entweder über einen Kommentar oder gerne auch per E-Mail an yvonne@yvonne-lange.ch
Was für eine wunderbare Geschichte! Danke fürs Teilen. Ich habe auch viele Jahre lang online Yoga gemacht, leider weiß ich den Namen der Kurse nicht mehr. 🤪 Parallel war ich in Schulen und 1:1 unterwegs, damit ich nicht mehr übertreibe (Ehrgeiz lässt grüßen 🙈) und aufhöre, mich zu verletzen. Yoga ist so viel mehr als nur Bewegung. Interessanterweise habe ich den Kopfstand immer nur an der Wand gemacht und darüber bin ich auch nie hinweggekommen. Muss auch nicht. yoga ist,wie das Leben, eine Reise
Liebe Grüße und danke für Deine Offenheit!
Marita
Liebe Marita
Ganz herzlichen Dank für deinen Kommentar. Ich habe mich sehr darüber gefreut.
Yoga ist tatsächlich eine Reise, das hast du sehr schön formuliert.
Toll, dass du den für dich passenden Umgang damit gefunden hast. Ich möchte Yoga in meinem Leben auf jeden Fall nicht mehr missen.
Herzliche Grüsse
Yvonne
Liebe Yvonne,
Was für eine schöne Geschichte und ein tolles Foto, dass deinen Weg für immer festhält.
Dein Auge für Design selbst in diesem Foto ist richtig gut! Ich liebe diese Farben. Und auch ohne dich zu sehen, hätte ich sofort darauf getippt, dass das Foto dir gehört.
Du hast so spannend deine Geschichte geschrieben, dass ich bis zum Schluss gelesen habe, um zu erfahren, wie du diese Blockade überwunden hast.
Ich muss ehrlich zugeben, auch mir ging es am Anfang mit dem Kopfstand genauso, aber wir haben direkt an der Wand begonnen zu trainieren und dann war es ganz einfach.
Deine Geschichte zu deinem Foto ist ein gutes Beispiel, wie wir im Leben Herausforderungen gegenüberstehen, ob im Sport oder generell. Die Psyche hat uns voll im Griff und ob wir diese Hürde schaffen oder nicht, hängt ganz allein von uns ab, ob wir es wirklich wollen! 🥰
Danke für diesen wunderbaren Beitrag zu meiner Blogparade, liebe Yvonne! 👏🏻
Ich danke DIR, liebe Karina, für den Anstoss. Als ich mein Fotoalbum durchgeblättert habe, war mir schnell klar, wie viele Emotionen mich mit diesem Bild immer noch verbinden. Nach so vielen Jahren. Und so konnte ich die Geschichte auch sehr schnell herunterschreiben.